Halli hallo hallöle,
Euer rasender Reporter meldet sich live aus Braunfels von der Deutschen Frauen Mannschaftsmeisterschaft der Landesverbände. Am gestrigen Samstag, den 28.04.07 begannen diese Wettbewerbe traditionell in dieser malerischen hessischen Stadt. Diesmal mit einem Novum: Zum ersten Mal seit dem Jahr 2000, seitdem ich hier mit der NRW-Mannschaft dabei bin, und wahrscheinlich seit noch viel länger, war die NRW-Mannschaft beim Anstoß um 16:00 Uhr nicht komplett! Irina Nattermüller und Kirsten Solberg, die um viertel vor 11 losgefahren waren, waren immer noch nicht anwesend!
Nun, kein Grund zur Panik. Die äußerst bescheidene Verkehrspolitik in NRW hatte Heike erst am letzten Wochenende kennengelernt, als sie von Sindorf nach Kiel insgesamt 10,5 Stunden benötigte. Die fünfeinhalb Stunden, die Irina und Kirsten für die 150 Kilometer brauchten, sprechen ebenfalls Bände über den Zustand der Autobahnen in unserem Bundesland.
Nun, genug der Politik. NRW gehört wie immer zu den Favoriten, aber diesmal sehe ich zumindest 4 Mannschaften, denen der Titel zuzutrauen ist. Neben NRW sind dies aus meiner Sicht Baden, Thüringen und natürlich Sachsen-Anhalt. Es scheint diesmal ein noch ausgeglicheneres Feld zu sein als sonst.
Die genannten Mannschaften konnten denn auch alle ihre Auftaktrunde mehr oder weniger deutlich gewinnen. Ich habe mir fast nur unseren Kampf angesehen, der mit 6-2 deutlich zu hoch zu unseren Gunsten ausging. Anna Rudolph am Spitzenbrett allerdings, seit der Europameisterschaft vor 2 Wochen in Dresden im Besitz aller nötigen Normen für den Titel der Internationalen Meisterin, übersah in der Schlussstellung gegen WGM Vera Jürgens eine Pattfalle und gab stattdessen auf. Schade!
Dafür hatte Heike Vogel, die in Dresden ebenfalls eine WIM-Norm erspielte, am zweiten Brett das Glück der Tüchtigen. Dem "eigentlich" abgewehrten Angriff der Weißspielerin verhalf Schwarz mit mehreren Fehlern doch noch zum Sieg. Auch Fan Zhang am dritten Brett, die zum ersten Mal für die NRW-Truppe aktiv war, stand m.E. sehr schlecht mit Minusbauer und schlechter Stellung. Aber in der Zeitnot konnte sie die Partie ins remis retten.
An den weiteren Brettern gaben wir nur noch einen halben Punkt durch Kirsten Solberg ab, ebenfalls ein "Neu"-Zugang in der NRW-Mannschaft. Die weiteren Partien von Kirsten van Münster, Elena Kuznetsova, Marina Roitburd und Irina Nattermüller konnten gewonnen werden.
Schaun wir mal, wies heute weitergeht. Zunächst einmal muß sich die Mannschaft mit Rheinland-Pfalz auseinandersetzen, die gestern kampflos gewannen. Währenddessen kommt es an den Tischen 2 und 3 bereits zu Spitzenduellen zwischen Baden und Thüringen sowie Berlin und Sachsen-Anhalt.
Nun, auch diese zweite Runde konnten wir gewinnen. Doch die weiteren Ereignisse haben
mir die Sprache verschlagen, so dass ich erst jetzt, am Abend des 2.Mai, weiterschreiben
kann. Doch der Reihe nach. Die dritte Runde brachte die höchste Niederlage eines NRW-Teams
bei diesen Meisterschaften, seitdem ich dabei bin. Also mindestens seit 2000.
Möglicherweise ist es die höchste Niederlage in der Geschichte des SBNRW, ich will hier
keine Forschungen in dieser Richtung anstellen. Jedenfalls hat mich das 1,5-6,5 gegen
Baden doch sehr mitgenommen. Nun ja, lieber einmal 1,5 verlieren als dreimal 3,5!
Das Einzig schöne an diesem Tag war der Bielefelder Sieg im Fußball gegen den SV Werder
Bremen, denn damit blieb eine NRW-Mannschaft wenigstens an der Tabellenspitze der
Fußball-Bundesliga, der FC Schalke 04!
Damit lagen nach der dritten Runde Thüringen und Baden mit jeweils 5-1 Punkten in Führung. Wir mussten in der vierten Runde gegen die starke Thüringer Mannschaft ran, die als Einzige den Badenerinnen einen Punkt abnehmen konnten. Unsere Mannschaft zeigte das, was Fußballtrainer eine positive Reaktion nennen und schlug Thüringen verdient mit 5-3. Damit hatte sie sich auch den Respekt der Fans zurück erarbeitet und die Gefahr gebannt, ganz ohne Platz auf dem Treppchen nach Hause fahren zu müssen. Natürlich lag die Favoritenbürde vor der letzten Runde klar bei Baden.
Die Mannschaft aus Baden (1. Platz)
Diese hatten es denn auch nur mit 6 Spielerinnen aus Sachsen-Anhalt zu tun. Dementsprechend kam kein wirklicher Kampf auf, den Baden sicher mit 5,5 zu 2,5 gewann. Für den Fall der Fälle (Baden spielt 4-4) hatten wir die Devise ausgegeben, zunächst mal keine Remispartien gegen Hessen einzulegen. Am Ende stand ein 5-3 Sieg, der sehr einfach auch ein 7-1 hätte sein können. Die Remisen von Fan Zhang und Kirsten Solberg nach langem Kampf waren in Ordnung, die Niederlagen von Heike Vogel und Kirsten van Münster hingegen ausgesprochen unglücklich! Beide konnten einzügig jeweils einen ganzen Turm schlagen bzw. gewinnen. Beides wäre die letzte Figur der Gegnerin gewesen und der sichere Punkt!
Die Mannschaft aus NRW (2. Platz)
Hätte, wenn und aber. Deshalb habe ich zwischenzeitlich 2 Jahre lang kein Frauenschach geguckt. Aber es macht auch immer wieder Spaß, mit dieser Mannschaft nach Braunfels zu reisen. Anna Rudolph und Heike Vogel waren nach ihren überragenden Leistungen bei der Europameisterschaft in Dresden und auch starken Vorstellungen am letzten Bundesliga-Wochenende schlicht überspielt, eine Tatsache, die ich lange Zeit nicht wahrhaben wollte. Macht nix, mit dem Sieg gegen Thüringen nach der herben Schlappe am Vortag hat die Mannschaft Charakter gezeigt und einen verdienten zweiten Platz erreicht. Die meisten Punkte erzielte einmal mehr Irina Nattermüller, die 5/5 am achten Brett holte und damit überdeutlich zeigte, dass das nicht das richtige Brett für sie ist. Auch die 4 Punkte in 5 Partien von Elena Kuznetsova und Marina Roitburd an den Brettern 5 und 6 zeigen die Stärke der Mannschaft an den hinteren Brettern. Leider konnten die ersten 3 Bretter diesmal das Tempo nicht ganz mitgehen, aber das soll kein Vorwurf sein. Dort weht naturgemäß ein rauherer Wind.
Die Mannschaft aus Berlin (3. Platz)
Abgerundet wurde das Turnier erneut durch einen geselligen Abend zum 1. Mai und einen Abend vorher durch das Blitzturnier. Diesmal ging der Titel nach Niedersachsen, an Herrn Jürgens. Philipp Limbourg konnte wenigstens den zweiten Platz für NRW retten.
nochmals Team NRW
Fazit: Es war wieder einmal wunderschön in Braunfels, diesmal mit einem zweiten Platz für NRW. An dieser Stelle wie immer der Aufruf an alle Landesverbände, tunlichst ihre Frauenmannschaften dorthin zu schicken. Die Spielerinnen werdens ihnen danken. Ich denke, jede Spielerin, die schon einmal dort war, weiß nur Positives zu berichten. Außer vielleicht, dass sie die eine oder andere Schachpartie verloren hat, doch das kann passieren. Und der Aufruf an den DSB und die Ausrichter, eine gerade Anzahl teilnehmender Mannschaften zu ermöglichen. Denn so kriegen 5 von 11 Mannschaften 2 Brettpunkte und 8 Mannschaftspunkte kampflos. In diesem Jahr kam noch dazu, dass Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz nicht alle Spiele komplett bestreiten konnten. Dies sollte natürlich nach Möglichkeit vermieden werden.
Wir freuen uns auf 2008, dann erneut in Braunfels, wie bei der Siegerehrung bekanntgegeben wurde!
Stefan Pick
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