Deutsche Frauen Ländermeisterschaft 2012
Vom 07.06.2012 - 10.06.2012 findet in diesem Jahr die Deutsche Ländermeisterschaft der Frauen in Braunfels statt. NRW ist in diesem Jahr Außenseiter, wenn man von den Wertungszahlen ausgeht.
10 Mannschaften nehmen teil, darunter z.B. Hamburg und Württemberg, die im letzten Jahr leider nicht vertreten waren.
Der Stern des Südens, also Bayern, wurde in der ersten Runde zum Verglühen gebracht. Mit einem DWZ-Schnitt von 1910 gegenüber 1951 der Bayern im Nachteil, kam NRW von Anfang an sehr gut ins Spiel. Swetlana Roitburd konnte am achten Brett mit den schwarzen Steinen gegen ihre Gegnerin Barbara Niedermeier problemlos den ersten halben Punkt einfahren. Damit war der größte Ratingnachteil an einem Brett bereits egalisiert.
Im Anschluß konnte Heike Vogel am vierten Brett einen schönen Schwarz-Sieg gegen die sehr stark einzuschätzende Natalie Fishkin unter Dach und Fach bringen. Dieser Vorsprung wurde durch Wenke Henrichs am Spitzenbrett gegen Nadia Jussupow zu einer beruhigenden 2-1 Führung transportiert.
Tanja Butschek an Brett 6 spielte ebenfalls, vielleicht etwas glücklich, remis. Zur Halbzeit also 2,5 zu 1,5 für NRW gegen Bayern.
Einige Zeit später konnten kurz hintereinander Clara Wirths an Brett 3 gegen Dr. Anita Stangl und Irina Nattermüller an Brett 2 gegen Milka Ankerst durch ihre Siege den Mannschaftssieg sichern. Das war auch gut so, wie sich später herausstellte. Denn Marina Limbourg und Viktoria Kaplun verloren ihre Partien, so dass es am Ende 4,5 - 3,5 für NRW hieß. Durchaus überraschend, wie bereits erwähnt.
Hamburg und Bayern haben damit bislang 0 Punkte. Beide Mannschaften sind trotzdem aus meiner Sicht bei dieser Meisterschaft sehr stark einzuschätzen. Von den am ersten Spieltag siegreichen Mannschaften schätze ich Sachsen, Hessen und Baden als Titelkandidaten ein. "Be aware of the drog" müsste in dem Fall heißen, vergesst mir NRW nicht. Die Mannschaft ist zwar nicht in Topbesetzung angetreten, aber ein Sieg in der ersten Runde gegen einen sogar leicht besseren Gegner ist allemal zu beachten.
NRW hat also Bayern geschlagen. Gut, dass hat Chelsea auch. Aber unser Sieg war geiler!
Mal sehn, wie es heute gegen Sachsen läuft. Aus meiner Sicht könnte das ein ausgeglichener Kampf werden. Hessen wird möglicherweise gegen Niedersachsen gewinnen, Baden ganz sicher und sehr hoch gegen das Saarland. Wieso das Saarland hochgelost wird, werde ich bei 5 Runden und 10 teilnehmenden Mannschaften nie verstehen. Und wenn es hundertmal den aktuellen Regeln des Schweizer Systems entspricht, es ist nicht logisch und auch nicht sinnvoll. Lassen wir das, Baden wird sehr hoch gewinnen und heute Mittag Tabellenführer sein. Alles Weitere wird sich zeigen.
Heute abend habe ich auf Polen gesetzt gegen Griechenland, obwohl da mit Papadopoulos ein Schalker mitspielt. Und auf Russland gegen Tschechien.
Stefan Pick, 07.06.2012, Fortsetzung folgt
Braunfels, 08.06.2012
Wir haben in echt schon Montag, den 11.06.2012. Meinen letzten Bericht
habe ich am Donnerstag geschrieben. Da Heike und ich nicht mehr in der
Verantwortung stehen, hatte ich schlichtweg in unserem Urlaub keine Lust
mehr, weiter schriftstellerisch tätig zu sein.
Außerdem muß man ja schon sagen, daß die Informationen
auf der Homepage des Veranstalters ( http://www.schachfreunde-braunfels.de/de/index.php ,
http://frauenschach.blogspot.de/ ) als auch auf der Seite
des Deutschen Schachbundes ( http://www.schachbund.de/chronik/meister/dfmmlv/2012/index.html
) sehr viel detaillierter und umfangreicher sind als in den vergangenen
Jahren. Leider gibt es in diesem Jahr keinen aktuellen Bericht von
Gerhard Hund, der in der Vergangenheit diese Meisterschaft stets mit
seinen Berichten begleitet hat.
http://www.teleschach.com/aktuelles/ddmm-11.htm
http://www.teleschach.de/forum/home.htm#damen
Er spielte an diesem Wochenende gemeinsam mit seiner Tochter Barbara und seiner Enkelin Sarah das Finale der Deutschen Amateurmeisterschaft in Halle an der Saale.
Zurück zu Freitag, 08.06.2012. NRW spielte morgens gegen Sachsen und gewann, zumindest in der Höhe für mich überraschend mit 6,5 - 1,5. Damit hatte die Mannschaft, die von der Aufstellung her und vom Ranglistenplatz 4 nach DWZ der tatsächlich agierenden Spielerinnen nicht titelfähig ist, ihre Konkurrenzfähigkeit und Qualität bewiesen. Auf dem Papier war Bayern Favorit mit einem DWZ-Schnitt von 1951 vor Hessen 1930, Baden 1929 und NRW 1910. Zahlen sind zwar Schall und Rauch, und die Unterschiede sind auch nicht allzu groß. Dennoch war NRW in den letzten Jahren, um nicht zu sagen im letzten Jahrzehnt, deutlich besser aufgestellt.
Das machte sich erstmals in der dritten Runde negativ bemerkbar. Gegen Baden gab es ein ausgekämpftes 4-4. Das ist kein schlechtes Ergebnis gegen einen minimal besseren Gegner. Vielleicht war kurz vor dem Ende sogar noch mehr drin. Durch dieses Ergebnis konnte Hessen mit 6-0 Punkten die Tabellenführung übernehmen vor Baden und NRW mit jeweils 5-1 Punkten.
Runde 4 brachte uns mit Hamburg einen sehr schweren Gegner. An den Spitzenbrettern hatten wir nichts entgegenzusetzen, Irina möge mir verzeihen. Die ersten 3 Bretter gingen allesamt an die Hansestädter, die zum ersten Mal seit 2005 wieder an der Ländermeisterschaft teilnahmen. Wenn ich Christian Zickelbein auf der Homepage des HSK http://www.hsk1830.de richtig verstanden habe, soll es nicht das letzte Mal gewesen sein. Wenn doch nur mehr Menschen es wie Christian verstehen würden, ihre Begeisterung für das Schachspiel so mitzuteilen. Dies kam auch sehr deutlich bei seiner Rede auf der Siegerehrung zum Ausdruck sowie beim Kommentar auf der Seite des Deutschen Schachbundes. Jedenfalls gewann NRW die Bretter 4-8 und damit den Mannschaftskampf mit 5-3.
Da Hessen Baden ebenfalls mit 5-3 besiegen konnte, wobei auch sie an den ersten 3 Brettern nur einen halben Punkt verbuchten, kam es am Sonntag zu einem echten Finale zwischen Hessen und NRW um Gold und zwischen Bayern und Baden um Silber bzw. Bronze.
Obwohl das Finale zwischen NRW und Hessen relativ lange dauerte, fiel der Erfolg der Hessen mit 6-2 sehr deutlich aus. Somit ist Hessen verdient Deutscher Meister 2012. Zwar stand Viktoria Kaplun gegen Annabelle Schäfer auf Gewinn, jedoch war der Sieg von Irina Nattermüller gegen Gulsana Barpiyeva keineswegs erzwungen. Und selbst wenn dann Marina Limbourg und Swetlana Roitburd möglicherweise an der einen oder anderen Stelle gegen Hessen ein besseres Ergebnis hätten erzielen können, ein 6-2 kann ich nicht wegdiskutieren. Tu ich auch nicht.
Es war die erste Niederlage einer NRW-Mannschaft (genau genommen von NRW I) seit 2007. Damals wurde noch deutlicher mit 1,5 - 6,5 gegen den damaligen Sieger Baden verloren. In den Jahren 2008, 2009, 2010, 2011 erreichte die Mannschaft insgesamt 39:1 Mannschaftspunkte, wobei das einzige 4-4 im Jahre 2010 ausgerechnet gegen die eigene zweite Mannschaft gespielt wurde. Und 2012 in der dritten Runde gegen Baden. Eine Serie von 26 Mannschaftskämpfen ohne Niederlage und mit nur zweimal 4-4 fand also gestern in Braunfels ein brutales Ende. Drei Spielerinnen von 2007 saßen auch 2012 für NRW am Brett, Irina Nattermüller, Marina Limbourg und Heike Vogel.
Natalie Fishkin aus Bayern holte ihre erste Medaille, seit sie nicht mehr für NRW spielt. Daß es Silber wurde, ist dem System zu danken bzw. geschuldet. Bei diesem Modus muß die Zweitwertung Buchholz sein und nicht Brettpunkte. NRW spielte gegen die ersten 5 der Tabelle, Bayern hatte durch die Niederlage in der ersten Runde gegen NRW ein sehr viel leichteres Turnier. Wie gesagt, der Fehler liegt im System. Das sage und schreibe ich schon seit mehr als einem Jahrzehnt, aber es tut sich natürlich nix. So haben wir zum wiederholten Male eine Abschlußtabelle, in der NRW hinter einer Mannschaft landet, in dem Fall Bayern, gegen die sie in der ersten Runde mit 4,5 zu 3,5 gewonnen haben.
Ich gönne jeder Mannschaft eine Medaille. Es geht hier auch nicht um NRW, auch andere Mannschaften wie z.B. Sachsen-Anhalt im Jahre 2005 sind da benachteiligt worden. Da sich Schachspieler ja gerne ihrer Intelligenz rühmen, habe ich die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben, daß eines Tages die Zweitwertung zumindest bei diesem Turnier Buchholz lauten wird und nicht Brettpunkte.
Zurück zu Lück, ne zurück zum Schach. Hessen ist verdient Deutscher Meister 2012. Über die Rückkehr von Hamburg freuen wir uns persönlich sehr. Das ist gleichzeitig ein Aufruf an Thüringen und Berlin, in 2013 unbedingt wieder dabei zu sein. Ohne Euch geht es wirklich nicht.
Die lustigste Truppe, außer uns natürlich, ist das Saarland. Sonja Noll hat das Blitzturnier am Samstag abend währen der Live-Übertragung des Fußballspiels Deutschland-Portugal ganz unfallfrei organisiert. Das Saarland hat 4 Partien gewonnen von 40 und insgesamt 8 Brettpunkte erzielt. Das ist toll. Ebenso vorbildlich, wie Christian Zickelbein das hessische Team lobt, ist die Rückkehr von Hamburg zu bezeichnen. Mit 2 absoluten Spitzenspielerinnen an den beiden vorderen Brettern und einer ansonsten sehr jungen Mannschaft erkämpften und erspielten sich die Hansestädter verdient den vierten Rang. "I like our team", wird Shayesteh auf der Hamburger Seite zitiert. Ich mag unser Team auch sehr.
Irgendwie komme ich gar nicht zum Schluß, so sehr sind die Eindrücke aus Braunfels noch präsent. Hervorragende Arbeit leistete bei NRW jedenfalls Marina Limbourg als Mannschaftsführerin. Sportlich herausragend die 5/5 von Heike Vogel am vierten Brett. Ein kurzes Schlußwort noch zu den Schiris und dem Ambiente, bevor ich zum Ausblick auf 2013 komme. Die Frage, wozu 4 Schiedsrichter nötig sind, konnte schlußendlich nicht völlig beantwortet werden. Falsche Ergebnisse kann man den Herren in leitender Funktion nur zum Teil anlasten. Wenn tatsächlich beide Spielerinnen das falsche Ergebnis auf dem Partieformular eintragen und beide Spielerinnen das Partieformular unterschreiben, dann gilt es "eigentlich" auch. Bleibt die Differenz zur Spielberichtskarte, die keinem aufgefallen ist. Ok, über das und auch über die Kurzfristigkeit des Fototermins am 09.06.2012 wollen wir mal hinwegsehen. Auch über die schon vorhersagbaren Fehler bei den Mannschaftsaufstellungen, wenn Mutter und Tochter in der Aufstellung stehen, aber jeweils nur eine davon vor Ort ist.
Positiv ist zu erwähnen, daß diesmal weitaus mehr Informationen in kürzerer Zeit erhältlich waren als in den Vorjahren. Namensschilder der Spielerinnen waren schnell gedruckt und aufgestellt, in der Schlußrunde gab es sogar einen Live-Blog im Internet. Auch neue Bilder gab es täglich.
Herzlichen Dank an die Schachfreunde Braunfels mit ihrem Vorsitzenden Sebastian Swoboda, die einmal mehr ein sehr schönes Turnier ausgerichtet haben. Höhepunkt war sicher die Live-Übertragung des Fußball-Länderspiels am Samstag abend. Die Stimmung war überragend.
Für das Jahr 2013 haben die Schachfreunde in Braunfels schon vielseitige Aktivitäten wegen ihres 50jährigen Vereinsjubiläums angekündigt. Sollte Heike aufgestellt werden, sind wir wieder sehr gerne dabei.
Hamburg und Hessen planen bereits jetzt, eventuell mit jeweils 2 Mannschaften anzutreten, wie ich gehört habe. Das wäre fantastisch, wenn dann auch noch Thüringen, Berlin und all die anderen teilnehmen, die heuer nicht dabei waren.
Auf ein Neues in Braunfels in 2013.
Stefan Pick, 11.06.2012
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